Fuchs und Hase leben gemeinsam in einem Bau im Wald. Fuchs ist eher ein gemütlicher Typ und isst für sein Leben gern, was man unschwer an seinem Bauch erkennen kann. Er ist ein wenig einfältig, aber auch fürsorglich und im Grunde eine treue Seele. Hase ist gewitzt, liest viel und weiß auf jede Frage eine Antwort. Sie ist für die Küche zuständig, kocht leckere Suppen und backt ständig Kekse, die Fuchs für sein Leben gerne verspeist.
Bei wem angesichts dieser klassischen Rollenverteilung gleich die Alarmglocken losgehen, sei darauf hingewiesen, dass diese Aufgabenverteilung im Laufe der Geschichte durchaus noch einmal in Frage gestellt und zeitweise anders gelöst wird.
Fuchs und Hase mögen sich sehr, aber dennoch geraten sie ab und zu in Streit. Vom ganz normalen Zusammenleben, vom Streiten und Vertragen, von kleinen und großen Abenteuern handeln die in diesem Buch zusammengestellten Erstlese-Geschichten.
Hier ein kleiner Einblick in das Waldleben: Eines Tages findet Eule, der Nachbar von Fuchs und Hase, ein Ei vor seiner Haustür. Eule fühlt sich sogleich als Papa des Eis, setzt sich auf das Ei und brütet es aus. Und dann gibt es mit Piep einen vierten Mitbewohner in der Siedlung im Wald, sehr zur Freude von Eule, denn nun ist er nicht mehr allein. Als Herbst und Winter schließlich Einzug in das Leben der vier Waldbewohner halten, spielt sich dieses zunehmend in den eigenen vier Wänden (wenn dieses überhaupt bei einem Fuchsbau so genannt werden kann) ab. Die Kälte mag Fuchs zunächst gar nicht, aber dann zeigt ihm Hase, dass „Kälte in Kugeln“ schön und lecker sein kann. Ebenso machen Schneeballschlachten und das Bauen eines Schneemanns Fuchs und Eule viel Spaß, während Hase wegen Grippe das Bett hüten muss. Leider entpuppt sich die Idee, den Schneemann Hase ans Bett zu bringen und zu zeigen (Sie kann ja nicht raus!), als doch nicht so gut. Aus Piep wird Tok, ein Hahn, und die vier feiern ein Fest, um sich die Zeit im Winter zu vertreiben. Doch dann kommt mit Frau Schweif, der eleganten Eichhörnchendame aus der Stadt, plötzlich noch einmal Fahrt in das geruhsame Leben der vier, denn Eule und Fuchs sind zum Leidwesen von Hase sehr angetan von ihrer eleganten Erscheinung. Frau Schweif erweist sich dann doch als sehr launische, verwöhnte Tussi und mit Frühling und Sommer kehren wieder ruhigere Zeiten ein, wenn nicht Tok plötzlich auf die Idee käme, die große weite Welt kennenzulernen …
Die Geschichten von Fuchs und Hase sind in den Niederlanden und Belgien ein Klassiker (Erstausgabe von 1998). In Deutschland sind sie das erste Mal bei Ellermann 1999 erschienen. Als Pappbilderbücher für Kinder ab 2 Jahren sind im Moritz-Verlag unter den Titeln „Ich will Kuchen, sagt Fuchs“ bzw. „Eule feiert Geburtstag“ bereits einzelne Geschichten veröffentlicht worden, derzeit aber vergriffen. Mit den kurzen Sätzen und überschaubaren Geschichten sowie den zahlreichen Dialogen und humorvollen Texten, die wichtige Themen aus dem Leben von Kindern behandeln (Freundschaft, Streit, Eifersucht und Abschiednehmen), eignet es sich sowohl zum Vorlesen ab 5 als auch zum Selberlesen ab 7 Jahren.
Eine Besonderheit des Buches besteht darin, dass die sprachliche Gestaltung, die Länge der Sätze und Geschichten im Laufe des Titels anwachsen und somit Fortschritte im Leselernprozess der Kinder begleiten. Dieses Prinzip wird bei einzelnen Kindern funktionieren, bei anderen nicht, je nachdem, wie schnell der Leselernprozess voranschreitet. Es ist auch nicht ratsam, dieses Erstlesebuch nicht in einem durchzulesen, sondern abschnittweise immer mal wieder einzelne Geschichten, die unabhängig voneinander sind, zu lesen. Ebenso witzig wie die Texte sind die farbigen Zeichnungen von Thé Tjong-Khing („Die Torte ist weg“), die die Charaktere und Stimmungen der Protagonisten besonders humorvoll in Szene setzen.
Syliva Vanden Heede und Thé Tjong-Khing: Fuchs und Hase. Frankfurt am Main: Moritz, 2025. Ab 5 Jahren