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Das letzte Aufgebot: Jugendliche im Krieg

© Karibu

Deutschland 1944. Die Männer sind an der Front oder bilden andere dafür aus, die Bevölkerung lebt im Kriegselend und täglich falschen Meldungen zum angeblich bevorstehenden Endsieg. So auch Jakob, seine Mutter und sein kleiner Bruder Emil, die nie so viel zu essen haben, dass sie satt werden. Jakob hat schon seit langer Zeit keine Schuhe mehr, aber in der Ortsgruppe der Hitlerjugend geht es mehreren so. Immerhin hat er seine Freundin Maria, in die er sehr verliebt ist. Als immer mehr Soldaten für die näher rückende Front gebraucht werden, zieht man schließlich auch Jugendliche ab 16 Jahren ein. Das sind fast alle Freunde von Jakob, weshalb er sich als Fünfzehnjähriger freiwillig meldet, denn er will nicht als einziger nicht fürs Vaterland kämpfen und wie ein Feigling dastehen. Und so verlässt Jakob seine Freundin und seine Familie und macht sich mit seinen Freunden auf in ein großes Abenteuer, aus dem sie als Helden zurückzukommen hoffen. Doch schon im Ausbildungslager zeigt sich eine große Diskrepanz zwischen Vorstellung und Realität: Der als heroisch propagierte deutsche Soldat entpuppt sich oft doch als bloßer Mensch mit Ängsten und schlechten Eigenschaften, die Versorgung der Kämpfenden als mangelhaft und die vielbeschworene Ehre oft als Arroganz. Auf einem letzten kurzen Urlaub, bevor Jakob an die Front geschickt wird, macht er seiner Freundin Maria einen Heiratsantrag. Unter Tränen gesteht sie ihm, dass sie ihn nicht heiraten kann, weil sie Jüdin ist. Jakobs Weltanschauung gerät ins Wanken, doch leider werden sie bei diesem Gespräch belauscht, sodass Jakob jetzt nicht nur um sein Leben fürchten muss, weil er als Rasseschänder gilt, sondern auch um die Sicherheit seiner Familie und natürlich Marias. 

Moritz Seibert gelingt es in diesem Roman sehr eindrücklich, die Leser:innen an der Zerrissenheit eines Jugendlichen zwischen Indoktrination und dem Erwachen aus dieser teilhaben zu lassen. Inmitten der vielen Jugendromane über die Zeit des Nationalsozialismus besticht dieser durch eine sanfte Eindringlichkeit, die sich in der allmählichen Zerstörung von Jakobs Welt offenbart und die Leser:innen jeden Einsturz selbst miterleben lässt. Ein berührender Roman mit starken Figuren, der sich nicht nur gut für die historischen Hintergründe eignet, sondern auch um mit Jugendlichen über Indoktrinierung ins Gespräch zu kommen. 

Moritz Seibert: Das letzte Aufgebot. München: Karibu 2025. Ab 14 Jahren.