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Ein Bruder kommt selten allein: ein witziger Patchwork-Comic mit viel (Schwester-)Herz

© Klett Kinderbuch

Die zehnjährige Dani wünscht sich nichts sehnlicher als ein Geschwisterchen: einen goldigen kleinen Wonneproppen mit Löckchen, speckigen Babybeinchen und weichen Bäckchen. Ein ziemlich aussichtsloser Wunsch, da Danis Mutter alleinerziehend und partnerlos ist. Doch von einem Moment auf den anderen ändert sich Danis Leben in atemberaubender Geschwindigkeit und sie hat plötzlich gleich zwei Brüder zur Auswahl, die allerdings weder klein, noch süß sind.

Doch von vorn. Die Geschichte beginnt damit, dass Dani zusammen mit ihrer besten Freundin Minna heimlich in Mamas Dating-App herumschnüffelt. Sie swipen bei einem peinlichen Typen versehentlich nach rechts und – zack! - verliebt sich Mama in Björn, einen schrägen Veganer mit Strickmütze, der einen nicht weniger schrägen Sohn mit in die Familie bringt. Joschi ist ein echter Nerd: wortkarg mit schwarzen Grufti-Klamotten und einer Bartagame als Haustier. Während Dani inständig hofft, dass sich ihre Mutter und Björn bald wieder trennen, planen diese schon zusammenzuziehen, sodass Dani sich von ihrer besten Freundin verabschieden und in einer neuen Klasse Fuß fassen muss. Hier kommt dann Bruder zwei ins Spiel: Danis neuer Mitschüler Elton. Sie haben gleiche Interessen und sehen sich auch äußerlich sehr ähnlich. Da Dani aus einer Samenspende entstanden ist, liegt für sie sofort der Verdacht auf der Hand, dass ihr Spendervater noch mehr Kinder gezeugt haben könnte und Elton ihr leiblicher Bruder ist. Wie lässt sich Klarheit gewinnen? Wem kann sie sich in dieser Situation anvertrauen, in der die beste Freundin weit weg und per Handy nicht erreichbar ist? Schlussendlich ist es tatsächlich Joschi, der in dieser Situation zu Danis Vertrautem wird und auf den zweiten Blick als Bruder doch nicht so verkehrt ist.

Diese herrlich dynamische und humorvolle Patchworkgeschichte wurde von Elin Lindell als Graphic Novel perfekt in Szene gesetzt. Die ausdrucksstarken und lebendigen Illustrationen unterstreichen die Skurrilität der Handlung und spiegeln die Emotionen der Charaktere mit einer gewissen Selbstironie wider. Schmunzeln dürfen Leser:innen z.B. über die Bilderfolgen zum allmorgendlichen Yogatraining von Björn wie auch zu den wiederkehrenden Sonntagsspaziergängen der frisch gebackenen neuen Familie, die stets begleitet durch die Worte „Spazierengehen ist schon was Feines“ zu einem Running-Gag werden.

Von der Textgestaltung her ist die Graphic Novel durchaus herausfordernd. Klassische Sprechblasen wechseln sich ab mit kurzen Textpassagen, Listen und Chat-Verläufen in unterschiedlichen Schriftarten und -größen. Für geübte Comicleser:innen sollte das kein Problem sein, bei Leseschwächeren wird das Textverständnis durch die sich selbsterklärenden Bilder gut unterstützt. Ein absolut zeitgemäßes Problembuch, das bestens unterhält.

Elin Lindell: Der süßeste Bruder der Welt und andere Irrtümer: Plötzlich Schwester! Leipzig: Klett Kinderbuch, 2025. Ab 10 Jahren.