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Fürs Leben zu lang: ein witziger Roman, der die großen Fragen des Lebens aufwirft

© Tulipan

Wie fühlt man sich, wenn man als Dreizehnjährige bereits 1,89m groß ist? - „Fürs Leben zu lang“, so bringt es der Titel des Romans von Nikola Huppertz treffend auf den Punkt. Dass die dreizehnjährige Magali, Hauptfigur des Buches, unter ihrer Größe leidet, wird schon beim ersten Blick auf das Cover deutlich, ragt sie doch mit ihren Beinen fast aus dem Buch heraus. Sie ist sich sicher, dass sich nie ein Junge für sie interessieren, geschweige denn sie küssen wird. Schon gar nicht Joel Hummels aus dem Hinterhaus, für den sie heimlich schwärmt, der sie aber keines Blickes würdigt. Auch zu Hause, wo ihre achtzehnjährige Schwester Malve, in Magalis Augen das perfekte Schönheitsideal, die Eltern mit ihrem „Nichtlernen“ fürs Abi stresst, läuft nicht alles rund. Und selbst Magalis Freunde melden sich nur dann bei ihr, wenn sie ihre Hausaufgaben abschreiben wollen. So macht Magali sich regelmäßig rar und geht mit dem Hund der Siemerdings von nebenan spazieren. Auf ihren Spaziergängen begegnet sie häufig dem alten Herrn Krekeler, einem weiteren Hausbewohner, der immer adrett gekleidet ist und sie in höflicher Manier stets mit den Worten “Guten Tag, Magali“ begrüßt. Herr Krekeler ist 98 Jahre alt, kommt irgendwann zu dem Schluss, dass dies - eine weitere Anspielung auf den Buchtitel - fürs Leben zu lang ist, und beschließt zu sterben. Von diesem Moment an kommt Abwechslung in Magalis Leben. Die ziemlich verrückte Patchwork-Familie von Herrn Krekeler reist über Ostern an und mit ihr der dreizehnjährige Kieran, mit dem Magali sich sofort anfreundet. All das, was sich ereignet, erzählt Magali den Leser:innen in einem „Tagebuch von allen anderen“, in dem sie ihre Umwelt witzig und lakonisch kommentiert. Man muss schmunzeln, wenn sie in ihren Aufzeichnungen z.B. die „bewusste Elternschaft“ ihrer bildungsbürgerlichen Eltern der „bewussten Nicht-Elternschaft“ von Kierans Mutter, die in einer Art Kommune lebt, gegenüberstellt. In Zusammenhang mit dem Tod von Herrn Krekeler fließen aber auch ernste, fast philosophische Gedanken in ihre Aufzeichnungen ein. Während seiner letzten Lebenstage versucht Herr Krekeler den Kindern eine Vorstellung mitzugeben, wie man lebt und wie man stirbt, und plötzlich steht die Frage im Raum: Was ist eigentlich ein richtiges Leben? Magali und Kieran wissen keine Antwort und schreiben Achim Engstler, einen Philosophen in ihrer Stadt, an, der ihnen tatsächlich antwortet: „Denken hilft da nicht. Man kann es nur fühlen.“
Im Buch werden viele Themen angeschnitten. Es ermuntert die Leser:innen, empathisch sowie ganz sie selbst zu sein und dabei auch den Mut zu haben, anders zu sein und mal „Nein“ zu sagen.
Das Buch eignet sich als Freizeitlektüre oder als Ergänzung der Klassen- oder Schulbibliothek um einen altersgerechten Titel zum Thema „Leben und Tod“.

Nikola Huppertz: Fürs Leben zu lang. München: Tulipan, 2023. Ab 12 Jahren.