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Von verbaler Brandstiftung

Cover: Vogelschiss

© Guano Project

Politik? Nein, dafür hat die alleinerziehende Mutter Eleni keine Zeit. „Ich habe schon genug um die Ohren“, rechtfertigt sie sich gegenüber ihrem Nachbarn Rudi, der sich immer wieder gegen die AfD ereifert. Das ändert sich, als Sebastian R., ein weiterer Nachbar, neun Menschen aus rassistischen Motiven erschießt und anschließend Selbstmord begeht. Mit Entsetzen verfolgt Eleni in den folgenden Tagen, wie Menschen aus dem rechtsextremen Spektrum das Mietshaus zum Wallfahrtsort machen und „wie Politiker vom rechten Rand den Anschlag relativieren“. Elenis Fassungslosigkeit und Wut wecken in ihr den Drang, etwas gegen die AfD zu unternehmen und diese Partei mittels gezielter Aktionen zu entzaubern. So verändert sie etwa durch das Übersprühen von Wahlplakaten die gefährlichen Slogans der Partei. Dadurch geraten Eleni und Rudi, der sie tatkräftig unterstützt, schnell in den Fokus rechter Schläger.

In der heutigen Nachrichtenflut sind die Aufreger von gestern schnell vergessen. Genau hier setzt das Anliegen der Graphic Novel „Vogelschiss“ von Frauke Bahle und Julian Waldvogel an: Sie wollen die Erinnerung an das, was Politiker:innen und Anhänger:innen der AfD sagen und gesagt haben, wach halten. Und das gelingt den beiden sehr eindrücklich. Originalzitate sind in blauer Schrift hervorgehoben und werden im Anhang der Graphic Novel belegt. Eigentlich erreichen Bahle und Waldvogel noch viel mehr. Im Kontext der Handlung führen die Zitate zugespitzt vor Augen, wie eine Partei verbale Brandstiftung betreibt, um dann die Folgen ihrer Worte zu verharmlosen bzw. die Verantwortung dafür abzulehnen. Schon aus dem Grund lohnt sich die Lektüre für alle ab 14 Jahren.

Frauke Bahle und Julian Waldvogel: „Vogelschiss. Die Graphic Novel gegen rechts.“ Freiburg: Guano Project, 2021.